Chronotypen - unsere inneren Taktgeber. Was tun, wenn mein Chronotypus nicht zu meinem Leben passt?
- Irene Tutzer
- 14. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Warum fällt es manchen Menschen leicht, früh aufzustehen und sofort produktiv zu sein, während andere erst am späten Nachmittag richtig in Schwung kommen? Die Antwort liegt in unserem Chronotyp – dem inneren Taktgeber, der bestimmt, wann wir müde sind oder am leistungsfähigsten arbeiten können.
Was ist ein Chronotyp?
Der Chronotyp beschreibt den individuellen biologischen Rhythmus eines Menschen. Er legt fest, zu welchen Tageszeiten wir von Natur aus aktiv, konzentriert und erholungsbedürftig sind (innere Uhr).
Diese innere Uhr beeinflusst den Schlaf-Wach-Rhythmus, die Hormonproduktion, die Körpertemperatur und viele andere physiologische Prozesse.
Die Lerche – der Frühaufsteher ("Morgenmensch")
Sie wachen meist früh ohne Wecker auf und fühlen sich am Vormittag am produktivsten.
Am Abend werden sie relativ früh müde und ziehen sich lieber früher zurück.
Ihr Schlafrhythmus passt meist gut zu gesellschaftlichen Strukturen wie Arbeit oder Schule, die früh beginnen.
Lerchen profitieren von Morgenaktivitäten und strukturieren ihren Tag am besten mit anspruchsvollen Aufgaben in den ersten Stunden.
Die Eule – der Spätaufsteher ("Nachtmenschen")
Sie werden spät aktiv, denken abends besonders klar und kreativ.
Früh aufzustehen fällt ihnen schwer, am Vormittag fühlen sie sich meist noch müde.
Eulen profitieren von flexibleren Arbeitszeiten und bewusster Schlafhygiene, um Schlafdefizite auszugleichen.
Die Zwischen- und Subtypen
Zwischen diesen beiden Extremen gibt es eine Vielzahl von Mischtypen. Moderne Schlafforschung unterscheidet feinere Abstufungen:
Früher Typ (ausgeprägte Lerche) – steht sehr früh auf, ist abends früh müde.
Mittlerer Typ – passt sich meist gut an gesellschaftliche Zeiten an, hat flexible Leistungsspitzen.
Später Typ (ausgeprägte Eule) – wird spät müde, findet frühmorgens schwer in Gang.
Sehr später Typ (extreme Eule) – erlebt Spitzenleistung oft erst spät in der Nacht.
Wie sich Chronotypen im Tagesablauf unterscheiden
Lerche | Mittlerer Typ | Eule | |
morgens (ca. 6 – 11 Uhr) | Höchste Konzentration und Energie | Wach, aber moderat produktiv | Oft noch müde, langsamer Start |
mittags (ca. 11 – 16 Uhr) | Abnehmende Leistungsfähigkeit, Bedarf an Pausen | Leistungsstark | Leistung steigt |
nachmittags/abends (ca. 16 – 22 Uhr) | Müdigkeit, eher Routinearbeiten | Weiter produktiv | Höchste Leistungsphase |
nachts (nach ca. 23 Uhr) | Schlafenszeit | Ruhig, müde | Kreativ, aktiv, wach |
Schlaf und Gesundheit im Zusammenhang mit dem Chronotyp
Ein nicht passender Lebensrhythmus – etwa wenn eine Eule gezwungen ist, dauerhaft früh aufzustehen – kann langfristig zu Schlafmangel, Konzentrationsproblemen und geringerer Belastbarkeit führen.
Dieses Phänomen wird als "sozialer Jetlag" bezeichnet: Der Unterschied zwischen der inneren Uhr und den äußeren Zeitvorgaben.
Wie man seinen Chronotyp erkennen kann
Ein einfaches Hilfsmittel ist die Selbstbeobachtung:
Wann bin ich ohne Wecker wach?
Wann fühle ich mich am produktivsten?
Wann werde ich abends müde?
Zusätzlich können Chronotyp-Fragebögen (z. B. D-MEQ) oder Aktigraphie-Messungen bei der Bestimmung helfen.
Kann ich meinen Chronotypus an meine Lebensumstände und Berufszeiten anpassen:
Das Wichtigste zuerst: Der Chronotyp ist biologisch verankert. Man kann ihn nicht komplett verändern, aber man kann den Tagesrhythmus verschieben und stabilisieren, um besser mit äußeren Anforderungen (z. B. Arbeitsbeginn um 8 Uhr) zurechtzukommen. Anpassung bedeutet nicht „Umpolen“.
Licht gezielt einsetzen
Licht ist der stärkste Zeitgeber (Zeitgeber = „Zeitgeber“ im Fachjargon) für unsere innere Uhr:
Früherer Chronotyp (Lerche), der länger wach bleiben muss: → Abendlicht nutzen, zum Beispiel helles Zimmerlicht oder kurzes Bildschirmlicht am Abend. → Morgens nicht sofort in sehr helles Licht gehen, um den Tag etwas nach hinten zu verschieben.
Später Chronotyp (Eule), die früher aktiv sein muss: → Morgens direkt helles Licht (Tageslicht oder Tageslicht-Lampe, 10.000 Lux, ca. 20–30 min). → Abends Licht dämpfen, warmes Licht, Blaulichtfilter aktivieren. So verschiebt sich der biologische Rhythmus schrittweise nach vorne.
Schlafzeiten konsequent stabilisieren
Jeden Tag (auch am Wochenende!) zur selben Zeit schlafen gehen und aufstehen.
Konstante Zeiten helfen, die innere Uhr zu „trainieren“.
Kleine Schritte: Veränderungen von maximal 15–30 Minuten pro Woche sind nachhaltiger als abrupte Umstellungen.
Mahlzeiten als Zeitanker (Zeitgeber) nutzen
Regelmäßige Essenszeiten stabilisieren den Rhythmus.
Spätessen (nach 21 Uhr) signalisiert dem Körper „Tag“, was den Schlafbeginn verzögert.
Frühstück unmittelbar nach dem Aufstehen kann helfen, den Tagesrhythmus zu verankern – vor allem bei Eulen.
Bewegung und Aktivität zeitlich steuern
Morgendliche Bewegung (10–30 min) im Freien ist ein starker Impuls, um früher wach und aktiv zu werden.
Abendliche Bewegung kann den Tag rhythmisch verlängern – hilfreich für Lerchen, die abends länger leistungsfähig bleiben wollen oder sollten.
Psychologische Strategien zur Anpassung
Akzeptanz & Selbstbeobachtung: Erkennen, dass Müdigkeit oder Leistungsunterschiede nicht Faulheit, sondern auch biologisch bedingt sind.
Planung: Anspruchsvolle Aufgaben wann immer möglich in die eigene Hochleistungszeit legen.
Kognitive Umstrukturierung: Den eigenen Rhythmus nicht als „Defizit“, sondern als Variation sehen.
Professionelle Unterstützung
Wenn Schlafprobleme, chronische Müdigkeit oder Anpassungsschwierigkeiten über längere Zeit bestehen, kann eine psychologische Schlafberatung oder Verhaltenstherapie bei Insomnie (CBT-I) helfen. Hier wird gemeinsam analysiert, wie sich Lebensrhythmus, Gedanken, Stress und Schlafverhalten aufeinander auswirken und wie diese Wechselwirkungen verbessert werden können.
Wenn Sie zu dazu noch weitere Fragen haben, kontaktieren Sie mich gerne
Mag. Irene Tutzer

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